Definition

Zitate

Note 1

Demokratische Spielregeln können die Wertegrundlage der Familie sinnvoll ergänzen, doch reichen sie allein nicht aus. Mit Begriffen wie Mitbestimmung, Stimmrecht und ähnlichem lassen sich vielleicht organisatorische Dinge regeln wie beispielsweise die Frage, wo der nächste Urlaub verbracht werden soll. Der Prozess des Zusammenspiels, der dafür verantwortlich ist, ob die einzelnen Familienmitglieder sich wohlfühlen, wird davon nicht berührt.

Entscheidend für die gesunde Entwicklung von Kindern und Eltern ist die Qualität des Zusammenspiels in der Familie, also das, was wir gemeinhin als «Ton», «Stimmung» und bezeichnen. Die griechischen Philosophen nannten es Ethos. Ich werde später auf diesen zentralen Begriff zurückkommen und will mich an dieser Stelle mit der Bemerkung begnügen, dass die Verantwortung für die Qualität des Prozesses in den Händen der Erwachsenen liegt. Sie kann weder delegiert noch geteilt werden.

Note 2

Für die Qualität des Zusammenspiels tragen die Kinder jedoch keine Verantwortung. In Familien, in denen die Kinder «bestimmen», weil die Eltern aus unterschiedlichen Gründen nicht in der Lage sind, ihrer Verantwortung gerecht zu werden, hat dies stets negative Folgen. Man kann Kindern bestimmte Aufgaben und Verantwortungsbereiche zuweisen, die Verantwortung für das Wohlergehen der Familie tragen jedoch allein die Eltern. Natürlich ist nichts dagegen einzuwenden, die Kinder in demokratischem Geist an Entscheidungsprozessen zu beteiligen, doch sollte es sich in erster Linie um das Erlernen de- mokratischer Spielregeln handeln. Ansonsten ist den Kindern am besten damit gedient, wenn die Erwachsenen ihre Wünche und Bedürfnisse ernst nehmen. Zwischen der Durchsetung unseres Rechts und der Befriedigung unserer Bedürfmisse herrscht eben ein himmelweiter Unterschied

Note 3

Was ist mit Gleichwürdigkeit eigentlich gemeint? Wahrend Gleichheit eine statische, messbare Größe ist, impliziert gleiche Würde einen dynamischen Prozess, eine veränderliche Kategorie, um die man sich in jeder Beziehung stets aufs Neue bemühen muss.

Gleichwürdigkeit unterscheidet sich von Gleichheit darin, dass sie keiner bestimmten Rollenverteilung bedarf. Selbst wenn die Frau am Samstagnachmittag in der Küche steht, während der Mann sich ein Fußballspiel im Fernsehen ansicht oder umgekehrt, sagt dies nichts darüber aus, wie es um die Gleichwürdigkeit zwischen ihnen bestellt ist. Ungleichheit spielt für die Gleichwürdigkeit nur dann eine Rolle, wenn sie aufgezwungen ist, und Gleichheit kommt nur dann ins Spiel, wenn jemand, der neue Aufgaben und Verantwortungsbereiche übernimmt, auch menschlich davon profitiert. Wenn sich Väter beispielsweise mehr mit ihren Kindern beschäftigen, kann das für Mütter natürlich eine Erleichte rung sein; der Partnerschaft der Erwachsenen kommt dies jedoch nur zugute, wenn der Vater durch die Beschäftigung mit den Kindern seine zwischenmenschlichen Qualitäten ausbaut und vertieft.

Note 4

Das Problem besteht jedoch darin, dass den Kindern somit die Verantwortung für die persönlichen Grenzen und das Wohlbefinden der Erwachsenen aufgebürdet wird. Damit ist jedes Kind überfordert. Kinder entwickeln in der Folge oft hyperaktive oder chaotische Züge, und am Ende wird das Leben der Familie von den unmittelbaren Wünschen und Bedürfnissen der Kinder geprägt. Nicht weil sie machthungrig wären oder aus dachalb weil die Bedürfnisse und Grenzen der Erwachsenen nicht mehr erkennbar sind.